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Medizinische Sammlung

Luftschutzapotheke

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Abb. 1: Schachtel der Schaffhauser Alarm-Packung, Gesamtüberblick, Inventarnummer 14891.

© Institut für Evolutionäre Medizin

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Abb. 2: Angeklebte Etikette auf der Innenseite des Schachteldeckels, Inventarnummer 14891.

© Institut für Evolutionäre Medizin

Taschenapotheken - kompakt und leicht mitzuführen

«Taschenapotheken» im Sinne von kompakten, leicht mitzuführenden Erste-Hilfe-Sets, kamen im späten 19. Jh. auf. Wurden sie zunächst von Apothekern und Sanitätshäusern zusammengestellt, drangen zur Mitte des 20. Jh. hin auch die Hersteller von Verbandmaterial auf diesen Markt vor. In der Schweiz sind besonders FLAWA in Flawil und die Internationale Verbandstoff-Fabrik Schaffhausen (IVF) zu erwähnen. Bei der Zusammenstellung der Sets orientierten sie sich gerne an den Empfehlungen, wie sie der Schweizerisch Samariterbund (SSB) oder die Unfallversicherungen aussprachen.

Der erstere stellte im Frühling 1943 eine «Alarm-Packung» vor (Das Rote Kreuz, 51. Jahrgang, Nr. 14 vom 8. April 1943, S. 184-185), die aktive Samariter für den Fall eines Bombenangriffs griffbereit halten sollten. Sie wurde ab Mai 1943 verbilligt an die Mitglieder abgegeben.

Ab Oktober 1943 inserierte die IVF eine eigene Variante, «Schaffhauser Alarm-Packung» benannt (Protar 9/10 Oktober 1943, Inserateteil), von der wir in unserer Sammlung zumindest die leere Schachtel besitzen (s. Abbildung 1). Wie bei vielen Taschenapotheken üblich ist im Innendeckel eine Gebrauchsanleitung eingeklebt, die sowohl über den ursprünglichen Inhalt als auch das erwartete Verletzungsmuster Auskunft gibt (s. Abbildung 2).

Schaffhausen wird bombadiert

Die Bezeichnung als «Schaffhauser Alarm-Packung» erhielt einen makabren Unterton, als in der Nacht auf den 1. April 1944 verirrte alliierte Bomber rund 500 Brand- und Sprengbomben auf die Stadt Schaffhausen fallen liessen. Dabei wurden 40 Menschen getötet und ca. 260 verletzt – die folgenschwerste Bombardierung der neutralen Schweiz während des 2. Weltkriegs. IVF liess es sich nicht nehmen, ein besonders grosses Inserat in der Protar-Ausgabe vom April 1944 zu schalten, in der ausführlich über die Bombardierung berichtet wurde.

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Abb. 3: Angeklebte Etikette auf der Aussenseite des Schachteldeckels, Inventarnummer 14891.

© Institut für Evolutionäre Medizin

Schweizer Werbegrafik Mitte des 20. Jahrhunderts

Beachtenswert ist die Gestaltung der Verpackung, die als ein wenig bekanntes, aber typisches Beispiel für die Schweizer Werbegrafik des mittleren 20. Jh. gelten kann (s. Abbildung 3). Anfang 1944 brachte auch FLAWA eine Alarm-Packung auf den Markt (Inserat in Protar September 1944, S. 219), zu der sich noch nichts Näheres herausfinden liess.

Martin Trachsel